Hilfswerk zur kritischen Situation in der 24-Stunden-Betreuung

Das Hilfswerk warnt vor Versorgungsengpässen und weist einmal mehr auf die Notwendigkeit von sicheren Reisekorridoren und grenznahen Teststationen hin.

In seiner heutigen Rede hat Bundesminister Rudolf Anschober zur aktuellen Situation angesichts der CoVid-19-Pandemieentwicklung Stellung genommen. Aus Sicht des Hilfswerk Österreich sehr erfreulich: Der Fahrplan zur Umsetzung der notwendigen Pflegereform soll bis Ende 2020 fixiert sein. Und: Sobald 2021 verlässliche Impfstoffe gegen Corona auf den Markt kommen, werden Angehörige der Pflegeberufe zu jenen gehören, die prioritär Zugang dazu erhalten. Was die bevorstehenden neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie betrifft, verwies Anschober auf die morgen, am 2. September stattfindende Pressekonferenz der Bundesregierung.

Das Hilfswerk ist zuversichtlich, dass in dieser Pressekonferenz der Pflegebereich insgesamt ausführlich zu Sprache kommen wird, sei es die Situation in den Pflegeheimen oder jene in der häuslichen Betreuung, in der Hauskrankenpflege und Heimhilfe. Dramatisch würden sich laut Hilfswerk die aktuellen Herausforderungen in der 24-Stunden-Betreuung darstellen:  „Die Situation ist fast kritischer als im Frühling“, meint Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. „Schon während des Lockdowns im Frühjahr 2020 haben wir auf die durch Reisebeschränkungen verschärfte Personalsituation in der 24-Stunden-Betreuung hingewiesen und sichere Reisekorridore sowie grenznahe Teststationen gefordert. Nach der Aufhebung des Lockdowns waren alle erleichtert, jetzt aber spitzt sich die Lage wieder massiv zu“, so Anselm. „Eine weitere Verschärfung der Lage droht, sollte Ungarn im Rahmen der seit heute wirksamen Einreiserestriktionen auch die in Aussicht gestellten Transitmöglichkeiten beschneiden“, warnt Anselm.

Testinfrastruktur in Österreich und Herkunftsländern nicht ausreichend

„Unsere Personenbetreuer/innen kommen vorwiegend aus der Slowakei, viele aber auch aus Bulgarien, Rumänien und Kroatien – und Betreuer/innen aus diesen drei Ländern brauchen für die Einreise nach Österreich jedenfalls einen negativen Corona-Test, der nicht älter als 72 Stunden ist“, so Karin Grössing, Leiterin des Geschäftsbereichs 24-Stunden-Betreuung beim Hilfswerk. Die Testinfrastruktur in den Herkunftsländern sei laut Hilfswerk jedoch problematisch, weil entweder die Zugänge zu Tests schwierig oder die Wartezeiten auf deren Auswertung länger als 72 Stunden sind.

Das Hilfswerk fordert daher mit Nachdruck die Einrichtung von Teststationen für Personenbe-treuer/innen an den österreichischen Grenzen bzw. an geeigneten Verkehrsknotenpunkten sowie Quartiere, in denen die Betreuer/innen die Auswertung der Tests abwarten oder bei positivem Test in Quarantäne verbleiben können. „Diese Quartiere stehen momentan nicht zur Verfügung, weil sie in den Tourismusgebieten ausgebucht, in anderen Regionen krisenbedingt nicht in Betrieb sind keine unsicheren bzw. Verdachtsfälle aufnehmen“, weiß Grössing. Und selbst wenn Unterkünfte bereitstünden, allein die Verordnung, dass allfällige Quarantäne- bzw. Unterbringungskosten von den Personenbetreuer/innen selbst zu bezahlen sind, würde deren Bereitschaft in Österreich zu arbeiten deutlich dämpfen, so Grössing.

„Viele Personenbetreuer/innen erwägen bereits, ihr Gewerbe bis zum Abklingen der Corona-Restriktionen ruhend zu stellen oder sich in Ländern mit besserer Einreise- und Test-Infrastruktur um Kunden und Vermittler umzusehen. Das wäre ein Desaster für uns. Die stark steigende Nachfrage nach 24-Stunden-Betreuung in Österreich wäre dann nicht mehr zu stillen“, warnt Grössing.

Procedere für Abrechnung der Testkosten noch immer ungeklärt

Bereits vor mehreren Wochen hat das Gesundheits- und Sozialministerium eine Teilübernahme von Testkosten für in Österreich arbeitende Personenbetreuer/innen zugesagt. Der Zuschuss soll bei privat organisierten Tests im Inland bis zu 85 Euro, im Ausland bis zu 60 Euro pro Betreuer/in und Monat betragen. „Das finden wir sehr positiv, allerdings gibt es für die Refundierung der von den Betreuer/innen oder ihren Auftraggeber/innen vorgestreckten Testkosten bisher noch kein Antragsprocedere bzw. Formular“, sagt Grössing. Ebenfalls sei noch zu klären, ob der Zuschuss auch auf ausländische Konten überwiesen werden könne.

Bis dato hätten meist die betreuten Kunden bzw. deren Familien die Kosten der Tests für die Einreise vorgestreckt. Um die Tests für die Rückreise ins Heimatland sowie die anfallenden Kosten müssten sich die Personenbetreuer/innen jedoch selbst kümmern. Mangels grenznaher Schnelltests sowie Unterbringung während der Wartezeit auf das Ergebnis sei das laut Hilfswerk ein mühsames Unterfangen.

Mit den Kosten für die Tests und die notwendigen Aufenthalte an der Teststation dürfe man laut Hilfswerk weder die Personenbetreuer/innen, noch die pflegebedürftigen Menschen alleine lassen. „Wenn es uns nicht gelingt, die Ein- und Ausreise der Personenbetreuer/innen sicher und reibungslos zu gestalten, droht früher oder später doch noch der befürchtete – und bisher erfolgreich verhinderte –Kollaps der 24-Stunden-Betreuung in Österreich“, warnt Elisabeth Anselm abschließend.

Über das Hilfswerk Österreich

Das Hilfswerk Österreich ist österreichischer Marktführer in der Hauskrankenpflege und Heimhilfe sowie der größte gemeinnützige Anbieter von 24-Stunden-Betreuung, ausgezeichnet mit dem ÖQZ-Gütesiegel.

Basisinfo zur 24-Stunden-Betreuung

In der 24-Stunden-Betreuung werden rund 25.000 Österreicher/innen, das sind knapp 6 Prozent aller Pflegegeldbezieher/innen, von Personenbetreuer/innen umsorgt. Sie versehen ihren Dienst in heimischen Haushalten meist in Intervallen von 14, 21 oder 28 Tagen, je nach Entfernung des Herkunftslandes. Die rund 60.000 bei der Wirtschaftskammer registrierten selbständigen Personenbetreuer/innen stammen überwiegend aus Ost- und Südeuropa: insbesondere aus Rumänien, der Slowakei und Ungarn, aber auch aus Bulgarien oder Kroatien.