Alleine pendeln ade, gemeinsam arbeiten – juhe!

Ein Fachbeitrag von Roland Gruber zur Neuorganisation von Arbeit nach der Corona-Pandemie.

Zur Neuorganisation von Arbeit nach der Corona-Pandemie: Public Home Offices könnten als dezentrale Co-Working-Spaces für Angestellte neue Arbeitskulturen beflügeln und einen Beitrag zur Lebensqualität, zum Klimaschutz und zur Stärkung des ländlichen Raums leisten.

Von Roland Gruber

Co-Working ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. War diese Form des Arbeitens bis vor wenigen Jahren den großen urbanen Zentren vorbehalten, bieten mittlerweile auch viele Orte außerhalb der Ballungsräume Möglichkeiten, wo Selbstständige und Kreativschaffende in einem Gemeinschaftsbüro aktiv sind – und im besten Fall ganz im Sinne der Co-Working-Pioniere auch in Co-Creation bei ihren Projekten zusammenarbeiten. Dadurch konnten nicht nur zahlreiche spannende Leerstände – insbesondere in Ortsmitten und Stadtzentren – wieder mit neuem Leben gefüllt werden, sondern auch Arbeitsplätze in der Region gehalten oder sogar geschaffen werden.

Arbeiten im Lockdown-Modus

2020 änderte vieles, nicht zuletzt die Arbeitswelten. Die Corona-Pandemie hat uns in Sachen Digitalisierung einen Crashkurs verpasst und Vieles, was bis vor Kurzem undenkbar schien, ist nun Realität geworden. Vor allem hat sich das Arbeiten im Homeoffice etabliert und ist – wie Co-Working – in der Gesellschaft als neue Normalität angekommen. Diese wird für viele jedoch zum Problem: Aus einer kurzfristigen Lösung zur Überbrückung ist mittlerweile ein Dauerzustand geworden, der räumlich in den eigenen vier Wänden jedoch meist schlecht umsetzbar ist. Oftmals werden der Küchentisch, das Kinderzimmer oder Kellerräume zum temporären Büro, das jedoch kaum den Anforderungen an einen ordentlichen Arbeitsplatz entspricht. Darüber hinaus arbeiten viele alleine und verlieren dadurch einen großen Teil ihrer täglichen sozialen Kontakte.

Public Home Office: Impuls für ländlichen Raum und Klimaschutz

Eine Entwicklung, die an dieser Stelle Abhilfe schaffen kann, sind Public Home Offices: Aufbauend auf dem Konzept der Co-Working-Spaces können Personen, die üblicherweise jeden Arbeitstag ins Büro am Unternehmensstandort fahren, Co-Working-Räume in der Nähe des eigenen Wohnorts nutzen, um in einem geteilten Home Office zu arbeiten. Eine professionelle Infrastruktur, die konzentriertes Arbeiten ermöglicht, sowie der Austausch untereinander bilden attraktive Alternativen zum Büroalltag in den eigenen vier Wänden – und das, ohne zu pendeln. So kommt es wieder zu einer stärkeren Bindung an den eigenen Ort: Wer in seinem Dorf ein Public Home Office nutzt, stärkt die dortigen Nahversorger sowie die Gastronomie und trägt so dazu bei, die Ortskerne wieder zu beleben. Die Wertschöpfung bleibt im Ort und aus Wohngemeinden am Land werden wieder echte Lebensmittelpunkte. Und auch die Unternehmen könnten von der Finanzierung der Tischmiete profitieren: Die Investition in diese neue Form des dezentralen Arbeitens – und damit in zufriedenere Mitarbeiter*innen – kann durch Einsparungen beim Büroraum in den Unternehmenszentralen ausgeglichen werden. Nicht mehr täglich in die Ballungsräume hineinstauen zu müssen, führt nicht nur zu mehr sinnvoll nutzbarer Zeit und Lebensqualität für Einzelne, sondern auch zu weniger CO2 in unserer Atmosphäre. Mit dem Public Home Office können also einerseits Unternehmen einen Beitrag zur Klimaschonung leisten und sich eine Vorreiterrolle als innovative wie attraktive Arbeitgeber*in sichern. Andererseits gibt es ein gesamtgesellschaftliches Interesse an einem zukunftsfähigen ländlichen Raum sowie an neuen wirkungsvollen Maßnahmen zur Dekarbonisierung unseres Alltagslebens: Genug Motivationen auch für die öffentliche Hand, die Errichtung von Public Home Offices zu unterstützen oder sogar zum Gegenstand eines Förderprogramms zu machen.

Alleine pendeln ade, gemeinsam arbeiten juhe!

(c) nonconform

Über den Autor:

Mag. arch. Roland Gruber, MBA, MAS studierte Architektur und Kulturmanagement, ist Gründer, Gesellschafter und Geschäftsführer von nonconform. Der Schwerpunkt liegt in der partizipativen Raumentwicklung für Kommunen, Schulen und Unternehmen. Er kuratiert die nonconform Leerstandskonferenz, lehrt an der nonconform akademie und versucht das Beste aus Land und Stadt zu verknüpfen.